Wir
und die Vlamen
Wir
deutschen Soldaten in Flandern haben vor unsern weiter südlich kämpfenden
Brüdern voraus, dass wir auf der Grenzwacht stehen, vor einem Volk,
das his auf den heutigen Tag in seinem Wesen germanisch geblieben ist.
In allen Wechselfällen hundertjähriger Geschichte hat der im
Grunde treffliche Stamm der Vlamen seine Art sich zäh bewahrt. Die
vielen blutigen Kriege, die gerade hier durchgewogt sind, konnten dieses
Bollwerk deutschen Stammes nicht wegschwemmen. Lange wehrten sich die
Vlamen unbewusst, nur im stillen gegen alles Fremde. Erst seit einigen
Jahrzehnten stellt sich der behördlichen, von Brüssel ausgehenden
Verwelschungssucht ein hartnäckiger, bewusster Widerstand entgegen:
Die vlamische Bewegung.
Mit welchem Erfolge sie das tut, können wir auf Schritt und Tritt
erkennen. Die meisten Wegweiser sind jetzt zweisprachig, ebenso die Aufschriften
auf den Bahnhöfen und Eisenbahnen, sowie die öffentlichen Bekanntmachungen.
Vor wenigen Jahrzehnten noch wäre das unmöglich gewesen.
Mit zäher Kraft kämpft das kleine Volk für seine Art. Aber
nur für sich allein. Denn über eines müssen wir uns vollkommen
klar sein: Wenn diese Vlamen auch Germanen sind und mit Wallonen nicht
das Geringste zu tun haben, so wollen sie doch von unserm Deutschtum ebenso
wenig wissen wie von französischem Wesen. Keinesfalls werden wir
ihnen aufdrängen dürfen, was sie heute noch von sich weisen.
Jahrzehnte müssen da erst ihre Arbeit verrichten. Aber eines kann
man und muss man vom deutschen Soldaten verlangen: Dass er dem vlamischen
Volk nicht gerade in den Rücken fällt Was die Vlamen Neer-Waesten
nennen, sollte der deutsche Soldat nicht mit Bas-Warneton bezeichnen;
ob ich Meesen sage oder Messines, Koomen oder Comines ist durchaus gleichgültig
und nur eine Augenblickssache. Diese Ortsnamen prägen sich nämlich
den Soldaten in der Form ein, wie sie dienstlich gegeben wird. So werden
sie dann auch in der Kriegsgeschichte weiterleben. Es wäre für
spätere Zeiten zu wünschen, dass wir grundsätzlich alle
Orte vlamisch bezeichnen. Das Volk versteht uns und unsern Soldaten liegt
der Klang noch besser. Gewiss ist der Name Lille gegen den vlamischen
Namen Ryssel gebräuchlicher, aber warum Lille sagen, das weder Französisch
noch Vlamisch ist? Warum sollen denn Gefechte in dieser Gegend nicht die
bei Ryssel heissen? Nehmen wir doch in unsere Sprache herüber, was
uns die vlamische Mundart schon fertig darbietet, und erfinden wir nichts
Neues. Das ist die Pflicht, die wir gegen dieses uns verwandte Volkstum
haben. Mehr zu wollen und mehr ins Werk zu setzen ist gar nicht am Platz,
denn wir können geschichtliche Entwicklung nicht mit Gewalt beschleunigen.
Der völkische Kampf bleibe nur Sache der Vlamen selbst, haben sie
doch bewiesen, ihn führen zu können. Alles, was wir für
die nächsten zehn Jahre erwarten und erwarten können, ist, dass
sie die Loslösung von welscher Art immer einschneidender vollziehen
mit unserer Unterstützung. Dem grossen deutschen Stamme bleiben sie
dann erhalten. Wohin wir immer in der Geschichte und im sozialen Leben
der Völker blicken, überall ist der Gang des Werdens dieser:
Zuerst ein oft langsames Auflösen alter Bildungen. Die Teile finden
sich dann zu neuen Bindungen von selber zusammen.
Friedr.
Wilh. Pfeiffer-Helm. |