Zapfenstreich und KaiserparadeWenn
dieses Blatt in die Hände unserer Leser draussen gelangt, zieht durch
die Strassen von Lille das Musikkorps des Landsturmbataillons Göttingen,
von Fackelträgern begleitet, und die Trommelwirbel des Zapfenstreichs
klingen durch den Abend. Die Vorfeier von unseres Kaisers Geburtstag hebt
an. Alle Soldatenmienen strahlen, unvergesslich wird dieser Festtag allen
bleiben, die ihn in Feindesland verleben. |
Kameraden!Heute
feiern wir unseres Kaisers Geburtstag, wir, eine einzige grosse deutsche
Soldatenfamilie. Dem Allerhöchsten Kriegsherrn verdankt unser Heer
Unendliches, das vielleicht erst durch den Krieg allen recht offenbar
geworden ist. |
Kaiserworte1888 |
Des Kaisers Gebet vor dem Auszug an die Front |
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Herrgott,
ich knie im Staube, Ein Knecht, vor Dir gebückt - Das Recht, es ward zum Raube, Der Feind hat es zerstückt. Sieh Du mein Walten an, So gut ich könnt', ich glaube, Hab' meine Pflicht getan. Nun von den
Grenzen allen Du Geist auf
Wolkenwegen, |
Dies
meine guten Waffen, Ich hebe sie zum Schwur, In Schweiss ward sie geschaffen, Sie trägt der Treue Spur; Weil Segen sie geweiht, Mit Gieren und mit Gaffen Trifft sie der Gegner Neid. Dies treuste Volk
der Erde,
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Unser Kaiser als Vorbild des GottvertrauensSeitdem
menschlichen Familien irdisches Glück und irdischer Schmerz beschieden,
ist es eine Tatsache der Erfahrung, dass Leiden die Familienbande am innigsten
knüpfen. Auch für die grosse Familie unseres deutschen Volkes
ist dies bei der Welt von Feinden, die uns umlauert, zur Tatsache geworden.
In der Not der Zeit ist indes eine Familie um so fester begründet,
wenn ihr Oberhaupt gläubig vertrauenden Sinnes seinen Blick zum allmächtigen
Gott erhebt und ihm Wohl und Wehe seiner Familie befiehlt. Unser allverehrter
Kaiser, dem man mit Recht eine gewisse Vorliebe für die Romantik
des Mittelalters nachrühmt, war stets seinem Volke ein leuchtendes
Vorbild innigen Gottvertrauens. Nicht bloss, dass er die Beziehungen zur
höchsten kirchlichen Macht der weltumspannenden katholischen Kirche
immerdar in bester Weise zu pflegen suchte - Zeuge hierfür sei neben
vielen anderen Tatsachen sein feierlicher Besuch beim grossen Papst Leo
XIII. - nicht bloss, dass er für die wissenschaftlichen Grundlagen
des Christentums hohes Verständnis bewies - es sei nur erinnert an
seine lebhafte Teilnahme am berühmten Bibel-Babelstreit -, nicht
bloss, dass er stets den christlichen Konfessionen Frieden und Recht zu
erhalten und etwa bestehende Härten zu mildern suchte: bei seiner
Fahrt ins Heilige Land bezeugte er den durch Jahrhunderte geheiligten
Stätten der urchristlichen Erinnerungen tiefste Verehrung und bekundete
damit seinen innigsten Glauben an die religiöse Lebenskraft des Christentums,
und dieser persönlichen Überzeugung verlieh Seine Majestät
stets offenen Ausdruck vor aller Welt bei den verschiedensten Anlässen
während der 20 jährigen Regierung des Reiches im Frieden. Und
hat der gegenwärtige Krieg fürs ganze deutsche Volk eine starke
Welle religiöser Wiedergeburt und Verinnerlichung erzeugt, so hat
auch der religiöse Sinn unseres Kaisers seinen guten Teil dazu heimtragen.
In demutsvollem Glauben hat Se. Majestät gleich in den ersten Tagen
einen allgemeinen Buss- und Bettag angeordnet, um Gottes Erbarmen und
Segen zu erflehen für unsere Waffen. Und all die Siege, die uns der
höchste Lenker der Schlachten bislang beschieden, hat der gläubig
vertrauende Sinn des Kaisers in seinen Telegrammen stets der Gnade Gottes,
die sichtlich mit unseren tapferen Kameraden war, verdankt. Aber auch
in den Tagen schweren Opfers, die einem Volke, das um sein Bestehen zu
ringen gezwungen ist, nicht erspart bleiben können, wankte die zuversichtliche
Hoffnung unsers Kaisers nicht, "dass Gott der Herr, aus dessen gnädiger
Hand wir Glück und Unglück, Freude und Schmerz in Demut empfangen,
auch die schwersten Stunden in Segen für Volk und Vaterland wandeln
werde". Feldgeistlicher D. Dr. Aufhauser. |
Mit freier Seele
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Nachklang zu Kaisers GeburtstagIn
dieser Zeit nimmt die Haltung der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika
natürlich auch unsere Aufmerksamkeit vielfach in Anspruch. Leutnant von Geldern. |
Wilhelm II.
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